lunedì , 7 Ottobre 2024

Zwischen Migration und Prekarisierung. Tagebuchnotizen einer Reise durch fünf tunesische Städte.

Tra migrazione e precarizzazioneHAGEN KOPP – Kein Mensch ist Illegal, Hanau mit den AktivistInnen von Afrique-Europe-Interact und Welcome to Europe

Intro 1

Dieses fragmentarische Tagebuch wurde bereits Ende Januar verfasst, also noch vor der Ermordung des linken Oppositionsführers Chokri Belaïd am 6.2.2013 in Tunis und dem anschließenden Generalstreik sowie Massenprotesten in vielen Städten Tunesiens. Insofern sind die aktuellen Entwicklungen der letzten Wochen hier nicht einbezogen. Doch wer diesen Text liest, kann mit der Erwähnung von zwei lokalen Revolten die Latenz eines größeren Aufstandes und damit das Potential einer „zweiten Revolution“ durchaus spüren. Wir haben jedenfalls bei unserer Reise (erneut) erfahren, dass der Widerstand gegen Armut und Ausbeutung, der Kampf für ein besseres Einkommen, für Freiheit und Würde in Tunesien sehr lebendig ist. Und wir denken, dass diese sozialen Fragen – und nicht die mediale Polarisierung zwischen islamischer Regierungspartei und laizistischer Opposition – in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen, unserer Solidarität und unserer Suche nach Gemeinsamkeiten gehört.

 Intro 2

Vom 25.12.2012 bis zum 4.01.2013 waren wir als kleine Delegation der Netzwerke Afrique-Europe-Interact und Welcome to Europe zum wiederholten Male in Tunesien unterwegs. Ziel dieses Besuchs war die Vertiefung bestehender und das Finden neuer Kontakte, um zu sondieren, ob und wie weit die im Rahmen von Boats4People[1] entstandene Idee einer aktivistischen Buskarawane für das Recht auf Bewegungsfreiheit im Herbst 2013[2]  realisierbar erscheint. Unsere wenig vorgeplante Tour durch mehrere Städte Tunesiens entwickelte sich zu einer beeindruckenden und inspirierenden Rundreise „zwischen Migration und Prekarisierung“. Wir trafen auf ein Kaleidoskop sozialer Kämpfe, die vielfältige Anknüpfungspunkte für das geplante Karawaneprojekt bieten. Und überall kamen wir in größtenteils spontanen Treffen mit lokalen Akteuren zusammen, die reges Interesse bekundeten, sich beteiligen zu wollen. Im folgenden Tagebuch sind einige der Stationen und die jeweiligen Konfliktfelder skizziert. 

Tunis am 25.12.2012

Ortsfremden erscheint die Medina, die Altstadt von Tunis mit ihren unzähligen engen Gassen und Geschäften, als verwirrendes Labyrinth. Durch die Menschenmenge folgen wir, so gut es geht, unserer Bekannten zum Treffpunkt von „Article 13“. Dies ist der Name einer neuen Gruppe junger AktivistInnen in Tunis, die sich damit auf den Paragraphen der Menschenrechtscharta beziehen, der jedem Menschen das Recht zuspricht, sein Herkunftsland zu verlassen. Im überdachten Hof des Hauses hängen Fotos der Revolutionstage im Dezember 2011, als sich auch Demonstrationszüge gegen das Ben-Ali-Regime aus der Medina formierten. „Article 13“ besteht überwiegend aus jungen Frauen, Studentinnen, die schon Erfahrungen in anderen Menschenrechtsgruppen gesammelt haben. Sie haben einige Fragen zum Konzept der Karawane bereits vordiskutiert, u.a. dass sie neben dem „Recht zu gehen“ auch das „Recht zu bleiben“ thematisieren wollen.Selbstorganisation vor Ort und Alternativen zur riskanten Migration über See sollen in Workshops und Versammlungen zur Sprache gebracht werden. Und in einigen der Städte, die für die Karawane als Stationen vorgeschlagen sind, verfügen sie über gute Kontakte. Bald entsteht eine Reiseplan für die nächsten Tage, eine Aktivistin von „Article 13“ wird mit uns fahren. 

El Fahs am 27.12.2012

Keine Arbeit, keine Perspektiven: alle 13 jungen Männer, die sich – vermittelt durch einen Bekannten – in einem Cafe in El Fahs spontan mit uns treffen, sind sich einig, dass sie so bald als möglich weg wollen: als Harragas[3] nach Italien, jedenfalls Richtung Europa. Einige hatten schon einen oder mehrere Anläufe unternommen, mussten aber die Überfahrt abbrechen oder sind anderweitig gescheitert. Doch sie liessen keinen Zweifel daran, dass sie es erneut versuchen würden.

Im Verhältnis von Einwohnerzahl und Auswanderern steht diese Kleinstadt knapp 70 km südlich von Tunis ganz oben auf der Liste der Orte, aus denen in den letzten zwei Jahren TunesierInnen emigriert sind. Doch es war weniger diese Statistik, die uns dazu bewogen hat, diesen Ort als eine Station der Karawane in Betracht zu ziehen. Vielmehr hatten wir im September 2012 die Nachrichten über einen lokalen Aufstand in El Fahs mitverfolgt, ausgelöst durch eine Bootsunglück nahe Lampedusa[4]. 80 Menschen, darunter Frauen und Kinder, waren verschwunden – vermutlich ertrunken. Nur 58 überlebten. Weder die italienischen noch die tunesischen Behörden und ihre Regierungen gaben Auskunft über die Namen der Überlebenden über den Hergang des Unglücks, obwohl offensichtlich die Küstenwachen beider Länder über das Boot informiert waren und hätten eingreifen und retten können. Ein weiterer Fall von „Sterben-lassen“ als Abschreckungspolitik? Allein aus El Fahs vermissten 10 Familien ihre Angehörigen. Die Nachricht verbreitete sich dort in Windeseile und die Anteilnahme war groß, weil „fast alle Familien ein Kind in der Migration haben“[5]. Angesichts der Tatenlosigkeit und offentsichtlichen Desinformationspolitik der Regierungen gingen am 9. und 10. September Tausende aus El Fahs – im wahrsten Sinne des Wortes – auf die Barrikaden. Sie legten in einem Generalstreik die Kleinstadt völlig lahm, und blockierten gleichzeitig Ortseingänge und Überlandstrassen. In den anschließenden Auseinandersetzungen wurden drei Polizeistationen sowie das lokale Büro der Regierungspartei angezündet. Um „Ruhe und Ordnung“ wiederherzustellen, wurden aus Tunis Sondereinheiten der Polizei herbeigeholt .

Zum Abschluss unseres Besuchs sprachen wir auch mit der Mutter eines verschwundenen Sohnes. Ihr Mann war gerade unterwegs in Tunis, um zu recherchieren und sich mit anderen Betroffenen zu organisieren. Sie wollen nicht aufgeben, ihren Sohn zu finden, der sich auf den Weg gemacht hatte, ein besseres Leben zu suchen, weil es hier keine Arbeit und kein Einkommen gab.

Siliana am 28.12.2012

Bereits bei der ersten Erkundigung nach dem Weg geraten wir in ein spannendes Gespräch. Angesprochen auf die Ereignisse der letzten Wochen verweist uns ein junger Mann mit Stolz auf die noch gut sichtbaren Brandspuren auf der Kreuzung. Sie stammen von Barrikaden, die gegenüber des Gouvernementssitzes von Siliana errichtet wurden. Es lag erst einen guten Monat zurück, im November 2012, dass der Name dieser Kleinstadt 120 km südlich von Tunis sogar in internationalen Medienberichten Erwähnung fand. Denn eine Woche lang kam es hier zu heftigen Massenprotesten und einem  Generalstreik „gegen Armut und Arbeitslosigkeit“, wie die (deutsche) Tagesschau ausnahmsweise richtig zitierte. Tausende verlangten die Absetzung eines korrupten und verhassten Gouverneurs (aus der neuen Regierungspartei En-nahda). Dessen Amtssitz wurde für mehrere Tage belagert, und Demonstrationen gingen in Strassenkämpfe mit der aus Tunis geschickten Polizei über. Diese setzte u.a. Schrotmunition gegen DemonstrantInnen ein, Fotos mit entsprechenden schweren Verletzungen, oftmals der Augen, zirkulierten über facebook.

Siliana war schon im Dezember 2010 einer der ersten Orte großer Demonstrationen und sozialer Gegenorganisierung. Der damals entstandene lokale Selbstverwaltungsrat hatte sich zwar nach der Revolution wieder aufgelöst, aber die Menschen blieben „wachsam, was den Wunsch nach greifbaren Veränderungen auch im sozialen Alltag betrifft“[6]. Der neue Aufstand im November in Siliana begann auf erste weitere Städte im unruhigen Hinterland Tunesiens überzugreifen, als die Gewerkschaft UGTT, die beim lokalen Generalstreik sowie in der Struktur der Proteste eine Schlüsselrolle spielte, mit der Zentralregierung ein „Abkommen zur Befriedung der Lage“ aushandelte. Diese sagte den Abgang des Gouverneurs zu und machte Zusagen für „Massnahmen zur Verbesserung der regionalen ökonomischen Situation“. Dass diese Versprechen für Verbesserungen nicht eingehalten werden, ist absehbar, bereits im Dezember kam es in Siliana zu einem Hungerstreik von Angestellten im städtischen Dienst wegen der miesen Löhne.

In einem weiteren Strassengespräch in Siliana erfahren wir: Genau an der Grenze zum offiziellen tunesischen Mindestlohn von 250 Dinar (125 Euro) liegt auch die Bezahlung von 3000 Beschäftigten der deutschen Firma Dräxlmayer, die in einem Gewerbegebiet Silianas Kabelbäume u.a. für die Premiumklassen der deutschen Automobilindustrie produzieren lässt[7]. Es sind zu 90 % junge Frauen, 19 bis 30 Jahre alt, viele aus dem noch ärmeren Umland der Stadt, die hier im Dreischichtsystem zu einem Lohn ausgebeutet werden, mit dem auch in Tunesien niemand überleben kann. Der Dräxlmayer-Standort Siliana ist Teil einer Just-in-Time-Zulieferkette mit weiteren Niederlassungen dieser Konzerns in Tunesien, aber auch in Ägypten und in Osteuropa. Bislang war die Produktion von den – in erster Linie gegen die eigene Regierung gerichteten – Aufständen und Streiks kaum betroffen, weder 2010/11 noch im November 2012[8]. Und angesichts mangelnder Einkommensmöglichkeiten ist das Erpressungspotential der Geschäftsleitung gegenüber den ArbeiterInnen hoch: Wer muckt, fliegt sofort raus. Doch die Geschäftsleitung hat, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, nichtsdestotrotz einen detaillierten Krisenreaktionsplan ausgearbeitet.

Regueb am 29.12.2012

Unsere vierte Station liegt einige Autostunden weiter südlich und ist nur 40 km von Sidi Bouzid entfernt, dem Ort, in dem am 17.12.2010 die tunesische Revolution und damit der arabische Frühling seinen Anfang nahm. Regueb war im Dezember 2010 eine der Städte, in der sofort Solidaritätsdemonstrationen stattfanden, die aber auch unmittelbar mit der knallharten Repression des Regimes und ersten Todesopfern konfrontiert war.

Wir sind mit einem „alten“ Bekannten verabredet, den wir auf einer Rundreise in Deutschland im letzten Jahr kennen gelernt hatten. Als Vertreter der Union des diplomés chômeurs, der Vereinigung der Erwerbslosen mit Diplom, die massgeblich die tunesische Revolution getragen hatten, war er einer der Hauptredner bei der Auftaktkundgebung von Blockupy in Frankfurt im Mai 2012[9]. Als wir ihm telefonisch unseren Gegenbesuch ankündigten und die Idee des Karawaneprojektes ansprachen, zeigte er sich sofort interessiert. Er organisierte für uns ein Zusammentreffen mit 15 Aktiven aus unterschiedlichen Initiativen und Organisationen: aus Gewerkschaften und studentischen Organisationen, von der linken Partei Front Populaire, Red-Attac und kritische Kulturschaffende. Wir stellten uns gegenseitig und unseren Gesprächspartnern das Karawaneprojekt vor. Diese unterzogen uns und unser Vorhaben zunächst einer Reihe sehr kritischer Fragen: Warum wollt Ihr hier mit uns protestieren, wenn das Problem doch in Europa liegt? Das brutale Migrationsregime und der Rassismus kommen aus Europa, warum führt dann die Karawane nicht dorthin? Wie können wir eine Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe entwickeln angesichts des Reichtumgefälles zwischen Europa und Afrika? Bleibt die Forderung nach Bewegungsfreiheit nicht ein unerreichbarer Traum? Ist nicht das kapitalistische System das eigentliche Problem?

Neben vielen Vorbehalten gab es aber auch Zustimmung – so bestand Einigkeit darüber, dass die hohe Erwerbslosigkeit und die überwiegend prekären Beschäftigungsformen in Tunesien auch vor dem Hintergrund der ungerechten Nord-Süd-Verhältnisse zu begreifen sind und dass es natürlich ein Recht zur Migration gebe. Gegen die geplanten Abkommen zwischen der EU und der tunesischen Regierung zur Verschärfung der Migrationskontrolle sollten wir uns gemeinsam organisieren und jeweils Druck auf unsere Regierungen machen.

Wir konnten viele der Argumente bei diesem Treffen nicht zu Ende diskutieren. Da aber alle Anwesenden Interesse daran hatten, beschlossen wir, die Fortsetzung auf das Weltsozialforum in Tunis Ende März 2013 zu verlegen.

Choucha am 31.12.2012

Bereits im Mai 2011 waren wir erstmals in diesem UNHCR-Flüchtlingslager nahe der libyschen Grenze, seitdem bestehen regelmäßige Kontakte zu Flüchtlingen und MigrantInnen und wir hatten uns bemüht, den Forderungen, den „Voices of Choucha“, immer wieder Gehör und Öffentlichkeit zu verschaffen. Als wir nun am Silvestertag in einem zu einem Cafe umfunktionierten Zelt mit 8 Vertretern verschiedener Communities zusammentreffen, begegnen wir einer Mischung aus Verzweiflung und Entschiedenheit. Hintergrund ist, dass sich in Choucha neben knapp 1000 Flüchtlingen, die als vom UNHCR Anerkannte auf ihre Resettlementplätze warten, noch ca. 300 vom UNHCR nicht als Flüchtlinge Anerkannte ohne jede Perspektive befinden. Um sie zu einer „freiwilligen“ Ausreise in ihre Herkunftsländer zu zwingen, hat der UNHCR seit November 2012 deren Lebensmittelrationen gestrichen und verweigert die weitere gesundheitliche Versorgung. Mit Briefen und Delegationen zu den Verantwortlichen in Tunis hatten die Betroffenen in den letzten Wochen versucht, die Wiederaufnahme ihrer Verfahren und ihrer Grundversorgung erreichen. Doch bislang hatte sich der UNHCR nicht bewegt, deshalb waren nun neue Protestaktionen in Planung. Favorisiert wurde von den selbstorganisierten Flüchtlingen eine baldige größere und mehrtägige Kundgebung vor dem UNHCR in Tunis, immerhin 500 km entfernt. Rund 100 der abgelehnten Flüchtlinge, darunter auch Familien, wollten sich beteiligen, allein der Transport und die Unterkunft in der Hauptstadt würden einige logistische Anforderungen mit sich bringen. Wir konnten nur versichern, dass wir uns an der Solidaritätkampagne beteiligen und soweit möglich auch finanziell zum Gelingen der Proteste beitragen würden.

Nachtrag

Am 27. Januar fuhren über 90 der Flüchtlinge aus Choucha in mit Spendengeldern finanzierten Bussen über Nacht nach Tunis und starteten am nächsten Morgen vor dem UNHCR einen fünftägigen Protest[10].

Tunis am 2.1.2012

Zurück in der Hauptstadt waren wir von Frauen des italienischen feministischen Kollektivs «Il Venticinque Undici»[11] eingeladen, an einem Treffen mit Angehörigen der vermissten Harragas teilzunehmen. Diese Zusammenarbeit besteht seit 2011, als im Frühsommer nach der Revolution das bisherige Grenzregime zusammenbrach, Frontex und Nato im Kanal von Sizilien aufzogen und zugleich mehrere Boote verschwunden waren. In einzelnen Fällen waren die Familienangehörigen aber sicher, dass sie ihre Kinder später in italienischen Nachrichtensendungen wiedererkannt hatten. Der italienischen wie auch der eigenen Regierung trauen sie nicht mehr, stattdessen haben sie angefangen, sich in Komitees zu organisieren.

In einem Hotelinnenhof kamen nun ca. 50 Mütter, Väter und Geschwister zusammen, um zu beraten, wie es weitergehen kann Der vorhergehende Versuch, mittels eines Fingerabdruckvergleichs mit allen in Italien registrierten MigrantInnen die Vermissten zu finden, hatte keinerlei Ergebnisse gebracht.

Ein Mann sprach uns an und zeigte uns auf seinem Handy einen kurzen Video-Film, auf dem sein Sohn winkend auf einem Boot zu sehen war. Wir verstanden nicht gleich, dass dies Aufnahmen des Bootes waren, das im September 2012 vor Lampedusa verschwunden ist. Und kurz darauf stellte sich uns der Vater des Sohnes vor, dessen Frau wir bereits in El Fahs getroffen hatten. Die unterschiedlichen Angehörigengruppen erscheinen zunehmend besser vernetzt, und in den letzten beiden Jahren haben sie regelmäßig Proteste vor zuständigen Ministerien oder auch am 18.12., dem internationalen Tag der Rechte der MigrantInnen, organisiert. Sie fordern die Abschaffung des EU-Visumsregimes und kritisieren die eigene Regierung für deren Kollaboration mit der EU. „Wir haben die Revolution für Würde und Demokratie gemacht,“ formulierte die Sprecherin einer Gruppe tunesischer Mütter von Verschwundenen bereits im Juli 2012 im tunesischen Monastir auf einer internationalen Versammlung zur Vorbereitung des Weltsozialforums. Und weiter: „Die Regierung ist tatenlos, unsere Söhne haben die Revolution gemacht, aber wir haben immer noch keine Ergebnisse über ihren Verbleib. Es wird eine zweite Revolution geben, wenn sich die Situation nicht ändert.“


[1] Boats4People startete mit ersten Aktionen im Juli 2012 zwischen Sizilien, Tunesien und Lampedusa. Stationen waren u.a. Tunis und Monastir.

[2] Die Idee für eine Karawane für das Recht auf Bewegungsfreiheit entstand aus Diskussionen zwischen tunesischen und europäischen AktivistInnen im Juli 2012 während der Boats4People-Aktivitäten in Monastir/Tunesien. Inspiriation war die Erfahrung der Afrique-Europe-Interact-Karawane von Bamako zum WSF in Dakar im Februar 2011. Und massgeblich war die Einschätzung der tunesischen GesprächspartnerInnen, dass das Thema Migration zwar in jeder tunesischen Familie präsent sei, aber sehr wenig öffentlich darüber diskutiert würde. Die Bus-Karawane durch Tunesien ist nun vorerst für Anfang September 2013 geplant. Eine Info- und Diskussionstour im März, direkt vor dem diesjährigen Weltsozialforum in Tunis, wird wichtiger Teil der Vorbereitung sein. Ihre – afrikanischen und europäischen – TeilnehmerInnen werden an den verschiedenen Stationen die Kontakte zu den lokalen AktivistInnen auszubauen versuchen sowie die inhaltlichen Schwerpunkte und Aktionsformen gemeinsam weiter entwickeln. Erst danach wird es einen konkreten Mobilisierungsplan geben.

[3] Nordafrikanisch-Arabischer Begriff für EmigrantInnen, die ohne Visum gehen – Grenzverbrenner.

[4] Sogenannter Lampione-Fall.

[5] Zitiert aus dem Gespräch mit einer Kontaktperson aus El Fahs.

[6] Bernard Schmid in Labournet am 6.12.2012

[7] Deutschland ist der größte ausländische Investor im Bereich der tunesischen Kfz-Zuliefererindustrie und mit etwa knapp 280 Unternehmen, die mehr als 50.000 Menschen beschäftigen, insgesamt viertgrößter Auslandsinvestor. Heute wickelt Tunesien 80% (!) des Außenhandels mit Europa, namentlich Frankreich, Italien und Deutschland ab und vor allem europäische Unternehmen nutzen tunesische Standorte als “verlängerte Werkbank” und zur “Lohnveredelung”.

[8] Das war und ist an anderen Orten anders: nach Recherchen von Stefanie Hürtgen richtete sich die Wut und der Protest seit dem “arabischen Frühling” wesentlich auch gegen ausländische Konzerne. Vor allem in der Textilindustrie sind es hiernach junge Frauen, die gegen Schikanen, Bevormundung und Niedrigstlöhne protestieren. Der Zorn ist groß, weil auch diese vor allem europäischen Auslandsunternehmen nicht mal den Mindestlohn zahlen, sich um Sozialgesetzgebungen nicht scheren und zudem noch verbreitet Leiharbeit einsetzen. Einen Tag nach Ben Alis Flucht, so wurde ihr berichtet, ist in Gafsa im Landesinneren eine Fabrik von Benetton angezündet worden, das soll kein Einzelfall gewesen sein – seither ist in Tunesien viel vom Abzug ausländischer Konzerne und der Notwendigkeit, wieder “Ruhe herzustellen” um die Investoren nicht zu verschrecken, die Rede.

[9] Blockupy: Vom 16.- bis 18. Juli 2012 fanden unter diesem Titel Blockade und Demonstrationen im Bankenviertel von Frankfurt mit Sitz der EZB statt.

[11] Die “2511”, benannt nach dem Internationalen Tag zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen

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